Sucht: zwischen Tabu und Gesellschaftsfähigkeit
von Claudia Stadler
Suchtverhalten steigt: Rauchen und Alkoholkonsum Spitzenreiter, Gaming neu in der jüngeren Altersklasse
Alarmierende Zahlen aus der DAK-Studie im Jahr 2019*
- 7,4 Prozent der Erwerbstätigen sind in ambulanter Behandlung (Tabak: 6,1 Prozent, Alkohol: 1,2 Prozent)
- 80 Prozent der Erwerbstätigen trinken Alkohol, 10 Prozent (4 Millionen) betreiben riskanten und 0,9 Prozent (370.000) schädlichen Alkoholkonsum. 0,4 Prozent (160.000) haben eine mögliche Alkoholabhängigkeit.
- 22 Prozent (9 Millionen) der Erwerbstätigen rauchen, fast die Hälfte davon auch während der Arbeitszeit.
- Knapp 5 Prozent der Erwerbstätigen dampfen E-Zigarette, überwiegend (71,9 Prozent) mit Nikotin.
- 56,1 Prozent der Erwerbstätigen spielen Computerspiele, 6,5 Prozent (2,6 Millionen) haben eine riskante Nutzung, 1 Prozent (400.000) haben eine Internet Gaming Disorder.
(*Quelle: DAK-Gesundheitsreport 2019: Sucht 4.0 – Trinken, Dampfen, Gamen in der Arbeitswelt)
Hinzu kommen v.a. seit Corona in den jungen Altersgruppen häufigere Störungen des Essverhaltens ( bis hin zum Binge Eating, Bulimie, Anorexie), was die Wartelisten bei den Jugendpsychotherapeuten für Neupatienten derzeit auf mehrere Monate anwachsen lässt.
Gesteigerte Krankheitsfälle und vor allem langwierige Erkrankungen sind die häufige Folge von Abhängigkeit von Suchtmitteln - dazu gehören psychische Erkrankungen, aber auch Stoffwechselerkrankungen und Muskel-Skeletterkrankungen nach Langzeitkonsum.
Der Weg als Erwachsender zurück zum "abstinenten" Raucher, Trinker, Spieler etc. ist nicht einfach- denn Suchtverhalten ist nicht heilbar. Es werden nach einer Entgiftung und Entwöhnung nur andere Stimuli und Trigger zur Belohnung erlernt, so dass das ehemalig auslösende Suchtverhalten kontrolliert werden kann. Trotzdem kennt jeder entwöhnte Patient die Gefahr eines Rückfalls - nur eine Zigarette oder ein Tropfen Alkohol kann das ursprüngliche Suchtverhalten wieder auslösen.
Suchtprävention fängt beim Kleinkind zuhause an und ist lebenslang nötig
Die wichtigsten Grundlagen legen Eltern und das familiäre Umfeld bei Kindern:
Ein paar Gedanken:
- Wie oft und bei welchen Gelegenheiten wird z.B. Alkohol gereicht? Zu jeder Feier, zum täglichen Essen?
- Welche Rituale hat eine Familie beim Essen? Gibt es feste Zeiten, an denen alle zuhause sind oder wird das meal-to-go die Regel für kids?
- Sprechen Eltern mit ihren Kindern oder sitzen Vater, Mutter und das Kleinkind im Hochstuhl bereits mit Handy vor dem Teller, so dass Essen "nebenbei" stattfindet?
- Wie viele Stunden verbringen Sie selbst als Erwachsene vor dem Screen?
- Wie bauen Sie selbst Stress ab und schaffen Ausgleich?
Eltern sind positiv wie negativ Vorbild für ein (Klein-)kind. Kinder werten zunächst nicht, sondern ahmen nach. Und sie haben besondere Antennen für Verbotenes oder auch für Dinge, über die man nicht spricht (z.B. genau das Suchtverhalten von Angehörigen). Verharmlosen Sie auf keinen Fall Suchtverhalten oder -erkrankungen. Sollten im engen familiären Umfeld von Kindern und Jugendlichen Suchterkrankungen vorliegen, denken Sie bitte auch an therapeutische Unterstützung für die Kinder.
Denn Sucht zählt zu den schwereren, psychischen Erkrankungen: und psychisch kranke Eltern/Angehörige haben immer auch destabilisierende Wirkung auf Kinder und Jugendliche.
Da Suchtmittel überall in Deutschland leicht zugänglich sind und auch später im Leben Faktoren entstehen können, die den Griff zum Suchtmittel oder das Abgleiten in eine Internetsucht, Spielsucht, Kaufsucht etc. wahrscheinlicher machen, sind Achtsamkeit und aktive Stressbewältigung eine lebenslange Aufgabe. Auch ein aufmerksames Umfeld - z.B. in Familie, Freundeskreis, Vereinsleben oder am Arbeitsplatz - kann wichtig sein, um riskanten oder übermäßigen Konsum (= die Vorstufe zu schädlichem Konsum und dann Abhängigkeit), rechtzeitig zu erkennen.
Mein Angebot:
1. In Hypnotherapie begleite ich Sie gerne bei Fragen zum Umgang mit Stresstriggern und dem zugehörigen Verhalten. Gerne bin ich auch an Ihrer Seite in der Co-Therapie bei Suchtbehandlungen oder in der Nachsorge, wenn es um die gezielte Lebensplanung nach einer Suchterkrankung geht
2. Gezielte Stärkung und Abgrenzung gesunder, enger Familienangehöriger (v.a. Kinder und Partner) von Suchtabhängigen
3. Für Management und Führungskräfte biete ich ein Training an zum Thema: Psychische Erkrankungen im Arbeitskontext und die Wiedereingliederung nach langer Ausfallzeit - Grenzen und Möglichkeiten aus Arbeitgebersicht
Quellen
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